Wilhelm Reich (1897-1957) – Visionär, Aufklärer, Provokateur, Rebell, Scharlatan, Wunderheiler, Sexguru,…
...viele Bezeichnungen wurden dem österreichisch-amerikanischen Psychiater Wilhelm Reich zu Lebzeiten und nach seinem Tod zuteil. Als Pionier des ganzheitlichen Denkens akzeptierte er weder Dogmen noch Denkverbote und musste zweimal mit ansehen, wie seine Bücher verbrannt wurden: 1933 von den Nazis und 1956 - nach seiner Emigration in die USA - von der US- Gesundheitsbehörde, die ihn auch zwang, seine Orgon-Akkumulatoren zu zerstören.
Noch als Student wurde er 1920 von Sigmund Freud in die Wiener Psychoanalytische Gesellschaft aufgenommen und ein Jahrzehnt später wieder verstoßen. Zu sehr missfielen seinem Lehrmeister seine Theorien über die Funktion des Orgasmus, seine Beschäftigung mit psychosomatischen Denkansätzen und seine temporäre Hinwendung zum Kommunismus. Reich praktizierte als Psychoanalytiker und schrieb wegweisende Bücher wie “Der Einbruch der Sexualmoral” (1932), “Die Massenpsychologie des Faschismus” (1933)
Seine letzten Lebensjahre waren von der Erforschung der Orgon-Energie geprägt, deren freier Fluss für ihn die wesentliche Voraussetzung physischer und psychischer Gesundheit war. In den düsteren McCarthy-Jahren wurde er mit seinen unorthodoxen Therapiemethoden und seiner fundamentalen Kritik an der Atomforschung zur Zielscheibe der Gesundheitsbehörde. Gegen eine gerichtliche Anordnung setzte Reich seine Arbeit fort. Zu zwei Jahren Haft verurteilt, starb er 1957 unter ungeklärten Umständen in seiner Gefängniszelle.
Zehn Jahre nach seinem Tod wurde Wilhelm Reich zu einem der intellektuellen Leitbilder der 68er Generation.